Schulprobleme haben viele Ursachen

Erkennen ist der erste Schritt zur Besserung

Häufig kommt es vor, dass sich Eltern zum Beispiel über die mangelnde Konzentrationsfähigkeit ihres Kindes beklagen: „Würde sich mein Kind besser konzentrieren, hätte es weniger Schwierigkeiten in der Schule.“ Auf die Frage, warum sich das Kind so schlecht konzentrieren könne, heißt es dann meist, das Kind sei selbst schuld, weil es sich im Unterricht so unruhig und zappelig verhält. Dabei wissen die wenigsten Eltern, dass der Lernerfolg eines Kindes von einer ganzen Reihe von Faktoren ungünstig beeinflusst werden kann. Dazu gehören unter anderem:

  • Stress, der sich auf die geistige Leistungsfähigkeit auswirkt
  • Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten, die zu starken Konzentrations-Problemen führen können
  • Blockaden in der Halswirbelsäule
  • Mangelnde Zusammenarbeit der beiden Gehirn-Hälften

Hinzu kommt die Tatsache, dass es unterschiedliche Lerntypen gibt. Es gilt also, sich genauer mit den möglichen Ursachen zu beschäftigen, um geeignete Lösungen zu finden.

Die Wirkung von Stress auf die geistige Leistungsfähigkeit

Wie funktioniert unser Gehirn in Stress-Situationen?

Die Zusammenarbeit der beiden Gehirn-Hälften kann durch Stress-Faktoren sehr stark beeinflusst werden. Man nimmt an, dass in Stress-Situationen die Funk­tion des Corpus callosum beeinträchtigt ist – mit der Folge, dass der Informa­tionsaustausch zwischen den beiden Hemisphären nur reduziert stattfindet.

Unsere uralten Überlebensinstinkte: Fight, Flight, Freeze

An zentraler Stelle unseres Gehirns befindet sich unser Überlebens-Kontro­ll­zentrum, in dem emotionale Erinnerungen gespeichert sind: die Amygdala, der sogenannte Mandelkern. Sie ist an komplexen Gehirnfunktionen wie Lernprozessen, Gedächtnisbildung, Emotionen (z.B. Furcht) und der Ver­haltenssteuerung beteiligt. Wenn wir einen Reiz wahrnehmen, der von diesem spezifischen Teil unseres Gehirns als möglicherweise gefährlich oder bedrohlich eingeordnet wird, wird das Fight (Kampf)-Flight (Flucht)- oder Freeze (Erstarren)-System aktiviert. Die Amygdala spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung und Steuerung von Emotionen. Vor allem durch Furcht oder Angst ausgelöste Verhaltensweisen werden durch diesen Mechanismus aktiviert.

Die meisten Tierarten verfügen über ein bis zwei typische Überlebenstechniken: Droht Gefahr, greift der Tiger an (Fight), die Gazelle rennt weg (Flight) und der Käfer stellt sich tot (Freeze). Uns Menschen stehen grundsätzlich alle drei Verhaltensweisen zur Verfügung. Welches Überlebensmuster gerade zum Einsatz kommt, wird oft unbewusst gesteuert und hängt von der Situation und dem jeweiligen Erfahrungsschatz des Betreffenden ab.

Welche Stress-Faktoren können das Zusammenspiel beider Gehirn-Hälften verschlechtern?

  • Gefühl der Überforderung (z. B. durch eine schwierig erscheinende Aufgabe oder Zeitmangel)
  • Emotionale Belastung durch Konflikte (z. B. mit Mitschülern, Lehrern, Eltern, Geschwistern)
  • Körperliche Faktoren (z. B. Müdigkeit durch Schlafmangel)
  • Nährstoffmangel (z. B. Vitamin B, Zink, Magnesium)
  • Heftige Gefühle (z. B. Angst, Ärger, Wut)
  • Mangelndes Gefühl von Sicherheit (z. B. Angst vor der Trennung der Eltern)

Welche Reaktionsketten werden ausgelöst, wenn wir gestresst sind?

Die Nebennieren sind unter anderem zuständig für die Produktion und Ausschüttung der beiden Stresshormone Adrenalin und Cortisol.

  • Adrenalin sorgt dafür, dass sich der Herzschlag erhöht, der Blutdruck ansteigt, die Pupillen sich vergrößern, der Blutzuckerspiegel ansteigt und sich bestimmte Muskelgruppen anspannen.
  • Cortisol hemmt das Immunsystem, damit es im Körper nicht zu Entzündungsreaktionen kommt. Außerdem sorgt es dafür, dass Blutzucker (Glucose) freigesetzt wird.

Durch diese Hormone wird in Stress-Momenten oft die Gedächtnisleistung reduziert: Ein dauerhafte Überproduktion von Cortisol, etwa nach lange andauernden traumatischen Erfahrungen, kann das Kurzzeitgedächtnis langfristig beeinträchtigen – es wird vorübergehend außer Kraft gesetzt. Der Körper hat dann ständig den Eindruck, es liege ein bedrohlicher Zustand vor. Dann sind am ehesten nur noch die Verhaltensmuster abrufbar, die beim letzten Mal aktiviert wurden, als man sich in einer vergleichbaren Situation befand.

Beispiel: Wenn man beim letzten Mal in einer bedrohlich erscheinenden Situation weggerannt ist, dann wird man diesmal wahrscheinlich ähnlich reagieren. Dieser Mechanismus spielte früher eine wichtige Rolle und war überlebensnotwendig, wenn der Mensch erheblichen körperlichen Gefahren ausgesetzt war.

Heute ist das nur noch selten der Fall. Mittlerweile geht es nicht mehr ums Überleben, sondern darum, wie man herausfordernde Situationen  erfolgreich meistern kann.

Instinktive Reaktion auf Stress

Wenn der Blutfluss zum Frontal-Hirn eingeschränkt ist, fließt mehr Blut zum Hirnstamm und zum limbischen System. Diese beiden entscheiden dann instinktiv, wie man in so einer Stress-Situation reagiert. Jegliches Denken und Analysieren fällt hier aus – und das ist gut so. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, Sie stünden in der Wüste einem Löwen gegenüber und fingen dann erstmal an,  lange über den optimalen Fluchtweg nachzudenken. Der Löwe würde vermutlich nicht warten, bis Sie mit dem Nachdenken fertig sind. In Stress-Situationen handeln wir instinktiv.

In extremen Stress-Situation kann es auch zu einer Anspannung von Schulter-, Nacken- und Gesichtsmuskulatur kommen. Mitunter können diese Symptome chronisch sein. Der Unterschied zwischen Entspannung und Anspannung ist meist nicht mehr erkennbar.

Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten

Auch Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten und/oder falsche Ernährung können die geistige Leistungsfähigkeit – und damit den Lernerfolg – beeinträchtigen.

Allergie oder Nahrungsmittel-Unverträglichkeit?

Wer auf ein Nahrungsmittel allergisch reagiert, erlebt in der Regel unmittelbar nach dem Genuss dieses Nahrungsmittels eine Sofortreaktion. Menschen, die z. B. auf Nüsse allergisch reagieren, beschreiben als erste Reaktion bereits ein pelziges Gefühl im Mund, sobald sie die Nuss kauen. Bei einer Allergie werden Immunglobulin-E-Antikörper produziert, die eine akute Sofortreaktion zur Folge haben.

Bei einer Nahrungsmittel-Unverträglichkeit (-Intoleranz) treten die Symptome typischerweise nicht unmittelbar nach dem Verzehr eines Nahrungsmittels auf. Es kann eine halbe bis zu 72 Stunden dauern. Das bedeutet: Ein auslösender Faktor für den heutigen Migräne-Anfall eines Kindes kann der Kakao gewesen sein, den das Kind vorgestern Nachmittag getrunken hat.

Eine Nahrungsmittel-Intoleranz geht mit der Bildung von Immunglobulin-G-Antikörpern einher, die gegen das betreffende Nahrungsmittel gebildet werden. Die dadurch ausgelösten Beschwerden treten meist erst Stunden oder sogar Tage später auf.

Im Unterschied dazu werden bei einer Allergie Immunglobulin-E-Antikörper produziert, die eine akute Sofortreaktion zur Folge haben.

Durch eine Immunglobulin-E-Antikörper-Bestimmung gegen Nahrungsmittel in Form einer Blutuntersuchung kann lediglich festgestellt werden, ob eine allergische Reaktionsbereitschaft gegen ein Nahrungsmittel besteht. Damit kann nicht überprüft werden, ob eine Nahrungsmittel-Intoleranz (Unverträglichkeit) vorliegt.

Weizen-Unverträglichkeit

Weizen zählt in unserer Ernährung in den westlichen Ländern zu den häufigsten Nahrungsmitteln und ist Bestandteil der meisten Mahlzeiten. Weizen ist eine der Hauptzutaten in Brot, Keksen, Kuchen, Pizza und Nudeln.       

Nach Ergebnissen amerikanischer Studien haben bis zu 15 Prozent aller Menschen eine Weizen-Intoleranz. Häufige Symptome sind eine erhöhte Ablenkbarkeit, Konzentrations-Probleme, impulsives und aggressives Verhalten, Stimmungsschwankungen. Weitere mögliche Symptome: Appetitlosigkeit, Blässe, Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Hautekzeme, Verdauungsprobleme wie Blähungen und Durchfall, Gliederschmerzen, Muskel- oder Gelenkschmerzen, eine erhöhte Erschöpfbarkeit und niedrige Eisenwerte im Blut. Dabei treten meist nicht alle Symptome auf, sondern nur einzelne.

Wie kann man testen, ob eine Weizen-Unverträglichkeit eine Rolle spielt?

Am sinnvollsten ist unseres Erachtens ein vierwöchiger Auslassversuch. Das bedeutet, dass für diesen Zeitraum Weizenprodukte komplett gemieden werden. Vor Beginn und erneut in der letzten Woche der Auslassdiät sollten Sie die bestehenden psychischen und körperlichen Beschwerden notieren. Dadurch können Sie bei sonst vergleichbaren Lebensumständen ermitteln, welchen Unterschied eine weizenfreie Ernährung macht, und ob es sich lohnt, künftig Weizen durch andere (weizenfreie) Produkte wie etwa Reis, Mais, Kartoffeln zu ersetzen.

Weitere Test-Möglichkeiten: Kinesiologische Testung, Bioresonanz-Testung, Blutuntersuchung in Form einer Immunglobulin-G-Bestimmung.

Laktose-Unverträglichkeit

Milch enthält Laktose (Milchzucker). Damit Milchzucker verdaut werden kann, ist das Enzym Laktase notwendig. Wenn entweder das Enzym Laktase nicht vom Körper produziert wird oder die Laktase im Darm nicht aktiviert wird, kommt es durch den fehlenden Abbau von Laktose häufig zu Beschwerden beim Verzehr von Milch oder Milchprodukten. Typische Symptome – wenn auch nicht die alleinigen Auslöser – für eine Laktose-Intoleranz: Einschlafstörungen, Kopf- und Bauchschmerzen, Migräne, Verdauungsstörungen aller Art (etwa Blähungen, Durchfall, Verstopfung, Völlegefühl etc.), Neurodermitis, Alpträume, Nachtschreck (Pavor nocturnus), Ängste, depressive Verstimmungen.

Eine Ursache für eine Laktose-Intoleranz (Milchzucker-Unverträglichkeit) ist ein angeborener (primärer) Laktosemangel. Das ist häufig bei Asiaten und Afrikanern der Fall. Dieser genetisch bedingte Mangel ist in Europa eher selten. Die häufigere Ursache für eine Laktose-Intoleranz ist eine erworbene ­(sekundäre) Laktose-Unverträglichkeit. Sie kann durch eine Darmfunktions-Störung ausgelöst werden, so dass das vorhandene Enzym Laktase nicht aktiviert werden kann.

Wie testet man eine Laktose-Intoleranz?

Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Auch hier ist eine effektive Methode der Auslassversuch. Dabei wird über einen Zeitraum von etwa vier Wochen komplett auf Milch und alle Milchprodukte verzichtet, die Laktose enthalten. Das bedeutet, dass Nahrungsmittel, die Kuhmilch, Ziegenmilch und Schafsmilch enthalten – wie Käse, Sahne, Joghurt, Kuchen und Kekse, Saucen etc. – in dieser Zeit nicht gegessen werden sollten. Laktosefreie Milch und Milchprodukte, die mittlerweile von mehreren Firmen hergestellt werden, gibt es in großen Supermärkten oder in Naturkostläden.

Vorteile der Auslassdiät sind, dass keine nennenswerten Kosten entstehen. Außerdem ist eine Beurteilung möglich, welche Auswirkungen laktosehaltige Nahrungsmittel auf das emotionale und körperliche Wohlbefinden haben.

Weitere Test-Möglichkeiten: Kinesiologische Testung, Bioresonanz-Testung, Blutuntersuchung auf Immunglobulin-G-Antikörper gegen Milchprodukte.

Mit einem Blutzucker-Laktose-Test oder einem Wasserstoff-Atemtest auf Laktose (H2-Atemtest) kann zwar getestet werden, ob und in welchem Umfang die Laktose (der Milchzucker) im Darm des Patienten gespalten wird, es wird jedoch nicht festgestellt, ob eine Antikörperbildung (Immunglobulin G) gegen Milchprodukte erfolgt ist. Das heißt, dass ein negatives Testergebnis nicht bedeuten muss, dass Milchprodukte vertragen werden. Ein weiterer Nachteil ist die hohe Laktose-Belastung im Rahmen der Testung (die einem Liter Kuhmilch entspricht), die oft Verdauungsprobleme auslöst.

Kiss-Syndrom

Der Begriff Kiss-Syndrom ist eine Abkürzung für Kopfgelenk-Induzierte Symmetrie-Störung (KISS). Es handelt sich dabei um eine Fehlstellung im Nacken, die durch eine Verschiebung im ersten und zweiten Halswirbel bedingt ist. Durch die beiden obersten Halswirbel ist die Wirbelsäule gelenkig mit dem Schädel verbunden. Der Bereich der Kopfgelenke steht in enger Verbindung mit den vegetativen Steuerungszentren des Gehirns.

Das Kiss-Syndrom gilt nicht als Krankheit, sondern als Steuerungsstörung.

Zu den häufigeren Ursachen für ein KISS-Syndrom zählen Besonderheiten bei der Geburt wie die Saugglocken- oder Zangengeburt, die Beckenendlage, Notfall-Kaiserschnitte, ein hohes Geburtsgewicht (über 4.000 g) und auch genetische Faktoren.

Bei den meisten Kindern besteht demnach das KISS-Syndrom bereits seit der Geburt. Zu typischen Beschwerden können ständiges Schreien und Schlafprobleme im Baby-Alter gehören.

Bei einem Teil der Kinder bildet sich die Fehlstellung im Laufe der Entwicklung auch ohne Behandlung zurück, bei anderen Kindern ist eine osteopathische oder auch krankengymnastische Behandlung erforderlich.

Typische Symptome bei einem KISS-Syndrom

  • Haltungsschwäche (hängende Schultern, schiefe Körperhaltung)
  • Auffälligkeiten beim Gangbild
  • Neigung zu ständigem Stolpern und Stürzen
  • Koordinations-Schwierigkeiten
  • Probleme beim Fahrradfahren und Balancieren
  • Schwierigkeiten im Bereich der Feinmotorik (Basteln, Knöpfe schließen)
  • Kaum leserliches Schriftbild
  • Abneigung gegen Malen und Basteln
  • Körperliche Unruhe und Zappeligkeit
  • Konzentrations-Probleme
  • Erhöhte Ablenkbarkeit
  • Verminderte Ausdauer
  • Neigung zu Impulsivität
  • Stimmungsschwankungen
  • Neigung zu Wutanfällen
  • Sprachentwicklungs-Verzögerungen
  • Ein- und Durchschlafprobleme
  • Lese-/Rechtschreibprobleme

Weil diese typischen Symptome aber auch durch viele andere Faktoren bedingt sein können, kann erst durch eine osteopathische Untersuchung geklärt werden, ob die Beschwerden durch ein KISS-Syndrom mit verursacht sein können.

Diesen Artikel haben wir aus folgendem Buch entnommen:

Erfolgreich durch die Grundschule
Wie Sie Ihr Schulkind unterstützen und motivieren können
Birgit Sesterhenn/Katrin Edelmann
Oberstebrink
208 Seiten, 22,90 €
ISBN 9783934333437
Mehr auf www.oberstebrink.de



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