Gastbeitrag: Wie die Digitalen Medien in unsere Kita kamen

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„Was sollen wir denn damit in der Kita? Das hat bei kleinen Kindern nichts verloren! Die Kinder sitzen doch eh schon viel zu viel vor den Geräten, da brauchen wir das nicht auch noch in der Kita!“ Vor zweieinhalb Jahren, als wir Tablets für unsere Kita Zauberwind in Hüffelsheim in Rheinland-Pfalz bestellten, bekamen meine Kolleginnen und ich viele solcher Reaktionen.

Es begegneten uns viele Vorurteile, und wir hatten sowohl bei den Mitarbeiterinnen als auch bei den Eltern viel an Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit zu leisten. Ich hoffte, dass sich diese schnell auflösen. Und siehe da: Die Kolleginnen trauten sich schneller an die Tablets, als ich mir vorstellen konnte. Und das altersunabhängig. So bedienten bereits nach kurzer Zeit auch ältere Mitarbeiterinnen die Tablets per Sprachsteuerung und entdeckten mit den Kindern, wie per Spracheingabe, Texterkennung und Gestensteuerung digitale Literacy stattfinden kann.

Bei den Eltern gab es ähnliche Vorbehalte, welche sich jedoch schnell auflösten, als wir mithilfe der digitalen Medien die Arbeit in der Kita auf eine ganz neue und aufregende Art transparenter durch Videos und eBooks gestalteten. Es gab nur positive Stimmen, da die Eltern die Wichtigkeit des Themas direkt verstanden.

Wichtig war mir von Beginn an, die Tablets alltagsorientiert einzusetzen. Sie sollten keinen Sonderstatus haben, also nicht nur in bestimmten Projekten oder von bestimmten Personen eingesetzt werden dürfen. Die digitalen Medien in unserer Kita werden nicht nur speziell für die pädagogische Arbeit mit den Kindern genutzt, sondern auch von den Pädagog:innen, beispielsweise für Dokumentationsarbeiten oder als Nachschlagewerk.

 Was mache ich eigentlich mit einem Tablet in der Kita?

So kamen etwa an einem Tag Kinder zu mir mit dem Wunsch, ein Bild eines Dinosauriers abzumalen. Ich war noch auf der Suche nach einem Buch, als die Kinder sagten, ich solle doch auf dem Tablet „googlen“ (Anm. d. Red. oder eine andere Suchmaschine bedienen.) Dort fanden wir dann schnell entsprechende Bilder, die abgemalt werden konnten. Aus dem digitalen Medium wird somit ein Werkzeug für den Alltag, wie eine Schere zum Schneiden oder ein Stift zum Malen. Kinder arbeiten in Begleitung an den Tablets, wobei manche mit der Zeit auch lernten, eigenständig an Geburtstagen Fotos zu machen.

Die Kinder in der Kita Zauberwind können mit ein wenig Unterstützung eigenständig Videos drehen und diese dann auf einen TV streamen. So haben wir beispielsweise die Geschichte des Stankt Martin in einem Rollenspiel dargestellt, gefilmt und vorgeführt. Durch diese ziel bezogene und bewusste Nutzung lernen die Kinder frühzeitig einen gesunden Umgang mit den digitalen Medien. Sie erfahren, dass diese weit mehr Möglichkeiten bieten als nur Spiele zu spielen, und manche zeigen schon ihren Eltern, was man so alles pädagogisch Wertvolles mit digitaler Unterstützung machen kann.

Kinder können schnell eigenständig kreative Inhalte produzieren. Das hat einen ganz besonderen Effekt für alle beteiligten.

Digitale Medien müssen bei der Nutzung nicht nur einen Mehrwert bringen, zu einem Ziel zu gelangen. Es geht vielmehr darum, wie schnell und wie kreativ kann ich zu einem Ziel kommen und darüber hinaus. So würde ich den „Mehrwert“ eher als Reiseziel beschreiben, welches ich entweder mit der Kutsche oder z.B. dem Flugzeug erreichen kann.

Aufgrund dieser Arbeit bewarben wir uns 2017 erfolgreich als Konsultationskindertagesstätte beim rheinland-pfälzischen Ministerium für Bildung, was mich und mein Team mit viel Stolz und Freude erfüllt. Seitdem arbeiten wir eng mit dem Ministerium zusammen. Dieses fördert und unterstützt uns dabei, in anderen Kindertagesstätten über digitale Medien aufzuklären und dort für mehr Gelassenheit im Umgang mit digitalen Medien zu werben. Denn es gibt so viele fruchtbare Möglichkeiten und Herausforderungen in diesem Bereich. Ich finde, wir müssen unseren Kindern schon früh aufzeigen, dass die Welt, in die sie hineinwachsen, digital sein wird, und sie sowohl mit den Chancen als auch mit den Gefahren vertraut machen. Wir müssen außerdem erkennen und lernen, dass die Lebensrealität unserer Kinder bereits jetzt schon stark digital geprägt ist und es in Zukunft noch wesentlich mehr sein wird.

Bei all diesen Möglichkeiten ist der wichtigste Aspekt jedoch der, dass die Kinder lernen, digitale Medien als Werkzeug zu sehen und somit auch das „Weglegen“ lernen. So liegen die Tablets einfach nur in den Gruppen und werden nur dann benutzt, wenn sie benötigt werden.

Martin Mucha ist Kitaleiter der Kindertagesstätte Zauberwind in Hüffelsheim, Rheinland-Pfalz. Ursprünglich erschien sein Gastbeitrag auf dem Blog des Medienkompetenz-Projektes DigiKids.
Auch im DigiKids Podcast spricht Martin Mucha über seine Erfahrungen mit digitale Medien in der Kita

Über DigiKids

DigiKids ist ein Modellvorhaben der Techniker Krankenkasse (TK) und der Hessischen Landesstelle für Suchtfragen (HLS) e. V. Als ein Medienkompetenz-Projekt setzt es bereits im Kindergarten an. Ziel ist es, Kinder zu befähigen, sich in digitalen Lebensräumen souverän zu bewegen, anstatt von ihnen beherrscht zu werden. Gleichzeitig beabsichtigt DigiKids, die Verbindung der Kinder zur analogen Welt zu erhalten, zu stärken und weiterzuentwickeln sowie Eltern und Pädagog:innen in diesen Prozess einzubinden und mit Schulungen in ihrem Handeln zu unterstützen. 

Mehr Infos gibt es unter digikids.online

 

 

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